Durch die rasante Entwicklung digitaler Medien stellt sich für Unternehmen die Frage: Wie können wir auf diesen Zug aufspringen? Oder besser noch: Bei der Geschwindigkeit mithalten? Auf diese Fragen gibt es keine generelle Antwort, aber Lösungsmöglichkeiten.

Eine davon ist die „Digitale Kommunikationsstrategie“. Dominik Ruisinger berät und trainiert Unternehmen und Institutionen in Fragen strategischer Kommunikation. Im Interview mit Marketing im Pott verrät er, warum es nicht ausreicht, sich allein auf Social Media und dessen rasante Entwicklung zu fokussieren.

Der Markt an Social Media-Tools wirkt nahezu überschwemmt. Von Buffer bis Hootsuite bieten die Plattformen unterschiedlichste Leistungsumfänge. Haben Sie eine klare Empfehlung?

Dominik Ruisinger: „Einfache Frage – klare Antwort: Nein ;-). Ich selbst nutze Buffer für die Planung von Inhalten, Hootsuite für geordnete kanalweite Postings und insbesondere zum Monitoring, den SocialHub für ein Community Management und Monitoring, Pocket und Diigo für das Merken von Beiträgen, die mir wichtig erscheinen sowie nochmals eine ganze Liste an weiteren größeren wie kleineren Tools. Diese tausche ich aber auch regelmäßig aus, da der Markt extrem in Bewegung ist. Jeder Kommunikationsverantwortliche hat hier die Aufgabe, sich den Markt regelmäßig genau anzusehen und die für ihn passenden Tools und Werkzeuge zu finden. Einen generellen und allgemeingültigen Tipp kann ich im Dickicht der fast täglich neuen Tools hier – leider – nicht geben. Sorry.“

Es ist an der Zeit, mit einem Mythos aufzuräumen: Viele glauben, wer seine eigenen Veröffentlichungen fleißig auf Google+ postet, steht dadurch in den Ergebnissen der Google-Suche weiter oben. Was ist dran an diesem Zusammenhang?

Dominik Ruisinger: „In der Vergangenheit haben viele Google+ vor allem genutzt – und dazu zählte ich auch -, um eine möglichst hohe Sichtbarkeit bei Google zu erreichen. Dies lag darin begründet, dass Google die Google+-Beiträge in der Suche prominent platziert und visuell hervorgehoben hat. Im Zuge des Umbaus von Google+ hat Google in den letzten Monaten diesen Vorteil schrittweise deutlich heruntergefahren. Wie stark sich überhaupt heute noch Aktivitäten auf Google+ auf die eigene Sichtbarkeit auswirken, ist umstritten und Thema vieler heftiger Forumsdiskussionen. Ich selbst habe auf jeden Fall keine größeren Vorteile mehr für meine Posts bemerkt, sondern nutze Google+ heute stärker für meine persönliche Community-Pflege in Fachgruppen.“

Ein wenig weiter gedacht reicht es nicht, seine Aktivitäten heutzutage nur auf Social Media zu beschränken. Sie haben ein Buch über die „Digitale Kommunikationsstrategie“ geschrieben. Was kann man sich unter diesem Begriff vorstellen?

Dominik Ruisinger: „Der Hype um Social Media hat dazu geführt, dass Unternehmen Social Media-Kanäle teils als Heilsbringer gesehen haben: Für alle Fragen. Für alle Herausforderungen in Kommunikation, Marketing und Vertrieb. Zur Lösung aller Probleme. Nur: So funktioniert Kommunikation heute nicht. Wir müssen viel stärker die kommunikative Herausforderung in den Vordergrund stellen und dann – wie oben schon erwähnt – strategisch die dafür passenden Instrumente und die adäquate Vorgehensweise auswählen.

Mit dem Begriff „Digitale Kommunikationsstrategie“ habe ich daher ganz bewusst dem Begriff „Social Media Strategie“ einen erweiterten Begriff übergestülpt. Dieser beinhaltet neben den Social Media–Werkzeugen auch etablierte wie neu aufgekommene Instrumente wie E-Mail-Marketing, Online-Pressearbeit, Messenger-Dienste, Bots oder Apps, die passend zur eingeschlagenen Kommunikationsstrategie und zur gesamtheitlichen Unternehmensstrategie einzusetzen sind. Ich will damit auch verdeutlichen, dass im Rahmen einer Digitalen Kommunikationsstrategie es meist nicht ausreicht, sich allein auf Social Media zu fokussieren, beispielsweise wenn man bedenkt, dass bei weitem nicht alle Menschen in Deutschland über Social Media-Instrumente zu erreichen sind. Den Begriff „Digitale Kommunikationsstrategie“ sollten Sie daher als ein Appell wahrnehmen, sich nicht gleich auf Social Media zu stürzen, sondern strategisch-analytisch an die kommunikative Herausforderung heranwagen sollten und sich nicht von einem bereits im Kopf vorhandenen Werkzeug den Blick auf das Wesentliche verschleiern sollten.“

Schon der Umfang so einer „Digitalen Strategie“ lässt erkennen, dass sich diese Herausforderung nicht mal eben nebenbei von einem Mitarbeiter bewerkstelligen lässt. Müssen KMU jetzt zwingend neue Jobs schaffen, um erfolgreich zu sein?

Dominik Ruisinger: „Die Kommunikation hat sich in den letzten Jahren extrem gewandelt. Und dieser Wandel ist weit davon entfernt, ein Ende gefunden zu haben. Ganz im Gegenteil. Doch ob man jetzt neue Jobs schaffen muss, kann ich generell nicht sagen. Ich gehe aber davon aus. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass die Jobs und Jobprofile sich sehr stark verändern werden. Unternehmen müssen also massiv Geld und Zeit in die Fortbildung ihrer Mitarbeiter, in erweiterte Ressourcen finanzieller und zeitlicher Art, in den Ausbau ihrer technischen Infrastrukturen stecken.

Genau davor schrecken gerade viele KMU noch zurück. Sie müssen sich immer wieder bewusst werden: Die Digitalisierung samt digitaler Kommunikation ist da. Und sie geht auch nicht mehr weg. In Verantwortung für ihre eigenen Organisation müssen sie jetzt die durchaus weitreichende Entscheidung treffen, ob sie den Weg heute mitgehen wollen – rechtzeitig, strategisch, an der Spitze mit Blick auf die Zukunft – oder ob sie später irgendwann die große Aufholjagd einleiten müssen. Ob diese dann noch für die erste Liga reicht, daran habe ich bei vielen meine Zweifel. Diese Entscheidung zu treffen – und dies rechtzeitig -, dies ist eigentlich die größte Herausforderung, vor der KMU in den nächsten Jahren, nein, besser Wochen und Monaten, stehen.“

Vielen Dank für das Interview!

Mehr Informationen zur Digitalen Kommunikationsstrategie hat Dominik Ruisinger in seinem Fachbuch zusammengetragen.