Einen Blick in die Zukunft werfen – klingt doch verlockend, oder? Eine Studie der Radiozentrale hat das gewagt und die Entwicklung der Audionutzung bis ins Jahr 2025 untersucht.

Unsere Audionutzung wird durch Smartphones, Sprachassistenten und Streaming-Angebote stark beeinflusst. Aber wie wird sie sich langfristig verändern? Und was bedeutet das für die Radiolandschaft? Die Studie “Planet Audio 2025” von der Radiozentrale befasst sich genau mit diesen Fragestellungen. In meinem Interview mit Lutz Kuckuck, Geschäftsführer der Radiozentrale, konnte ich nicht nur erfahren, was es mit “UKWENIEN” und “PODCAST ISLAND” so auf sich hat.

Herr Kuckuck, wie kam es zu der Entscheidung, die Studie durchzuführen? Welche Beweggründe und Ziele stehen dahinter?

Lutz Kuckuck, Geschäftsführer der Radiozentrale

Lutz Kuckuck, Geschäftsführer der Radiozentrale

Lutz Kuckuck: „Als Gattungsorganisation und im Rahmen unseres Radio Advertising Summits mit den Hauptsponsoren AS&S Radio und RMS, sind wir immer bestrebt, Radio/Audio in seiner ganzen Ausprägung für die Nutzer und die Werber zu untersuchen. Gerade in einer Umbruchphase wie dieser, bei der das Smartphone und der Smart Speaker zu kleinen Allroundgeräten werden, war es uns wichtig, einen Blick nach Vorne und in die Herzen der Nutzer zu werfen. Denn um die Zukunft gut zu gestalten, müssen wir als Medien erst einmal wissen, was unsere User sich wünschen, wie ihre Zukunft aussehen soll, wie sie uns auch in Zukunft nutzen wollen.

Das Ziel war es, ein Gesamtbild zum Markt der Audionutzung zu erstellen und die Perspektive der Zukunft aufzuzeigen: Was verändert sich, was vernetzt sich, was verschwindet, wird weniger oder mehr?“

Wie wurde das Studiendesign aufgebaut? Können Sie uns sagen, wer befragt wurde und worum es bei den Fragen ging?

Lutz Kuckuck: „Unser Studiendesign hat nichts mit Fragen zu tun. Um die Bedürfnisse, Wünsche und Pläne unserer Nutzer zu ergründen, eignen sich die klassischen Befragungsmodelle nicht. Wir sind bei der Studie „Planet Audio 2025“ völlig neue Wege gemeinsam mit der Agentur comrecon brandnavigation gegangen. Um unseren Zielvorstellungen der Studie möglichst nahe zu kommen, ist es notwendig, ethnografisch vorzugehen und Teil der Lebenswelten der Personen zu werden, Teil des Alltags unserer Zielgruppe zu werden, um Denkweisen, Einstellungen, Rituale und Routinen aufzudecken.

Dafür setzten wir im ersten Schritt ein moderiertes Online Forum mit ausgewählten TeilnehmerInnen ein. Die Crowd diskutiert und reflektiert in diesen Foren ihren Alltag hinsichtlich ihrer Gewohnheiten und diskutiert zu verschiedenen Fragestellungen und bekam Aufgaben, die sie erfüllen musste. In zwei Foren innerhalb von 12 Tagen wurden dabei 3.392 Beiträge von 98 Teilnehmern generiert, die es uns ermöglicht haben, einen tiefen Einblick in die Nutzungsrealitäten, Wünsche und Ansichten unserer Rezipienten zu bekommen.

Der Fragestellung „Wie sieht der Planet Audio 2025 aus? Und wie gestaltet sich unsere Vision?“ sind wir im Rahmen der neuen Methode zweier LEGO® SERIOUS PLAY® WORKSHOPS mit je 4 Stunden, 7 & 9 Teilnehmern auf den Grund gegangen. Es wurde gemeinsam diskutiert und die Audiowelt in Lego erbaut. Wobei Lego als Mittel zum Zweck zur Fokussierung der Gedanken und der Förderung der Kreativität eingesetzt wird. Aus diesem gesammelten Material hat comrecon brandnavigation aus Wien die Mental Maps entwickelt, um die Veränderungen in Nutzung, Bedeutung und Zusammenhängen einfach zu verdeutlichen.“

Die Karte der Studie

Die Audionutzung von gestern auf dem Kontinent “Analogia”. Grafik: Radiozentrale

„Planet Audio“ – Wie kam es zu dieser Namensgebung?

Lutz Kuckuck: „Wir saßen vor den eindrucksvollen Landkarten zur Audionutzung und da fielen schnell Worte wie „Kontinentaldrift, Erderwärmung und blühende Landschaften“. Der Schritt zur Idee „Planet Audio“ war da nur noch ein kleiner.“

Die Kernfrage lautet „Wie sieht die Audionutzung im Jahre 2025 aus?“. Auf Ihrer Website habe ich aber auch gesehen, dass die Studie inhaltlich in gestern, heute und morgen aufgeteilt ist. Wie kam es zu dieser inhaltlichen Splittung?

Lutz Kuckuck: „Wer die Zukunft und die daraus resultierenden Veränderungen darstellen möchte, muss sich im ersten Schritt erst einmal mit dem Status beschäftigen und diesen festhalten. Und um das „Heute“ zu verstehen, muss das „Gestern“ davon abgegrenzt werden. Also ganz einfach: Gestern, Heute, Morgen.“

Was sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie?

Lutz Kuckuck: „Audio 2025: Das Instagram für Musik – der Audio-Treffpunkt der Zukunft – verlagert sich immer stärker in die digitale Welt. Die Vernetzung erfolgt global. Die Trends in den Erwartungen der Audio-Konsumenten sind klar erkennbar:

  1. Eine neue Audiounion entsteht: Audio wächst wieder stärker zusammen. Die zentralen Kanäle UKW Radio, Streaming-Dienste, Podcasts und Webradios werden sich bis zum Jahr 2025 einander annähern und teilweise ineinander verschmelzen.
  2. Ein zentraler Zugang zu Audiocontent: Selbstbestimmte Nutzung und Multioptionalität werden immer wichtiger. Während heute noch verschiedene Endgeräte für den Empfang unterschiedlicher Audioinhalte genutzt werden, wird es zukünftig nur noch ein zentrales Device geben. Zudem wird Radio individualisierbar und die Hörer werden zu Programm-Machern. Radio on demand wird es ermöglichen, je nach Situation, Stimmung oder persönlichem Tagesablauf die passenden Audioinhalte zu konsumieren.
  3. Personalisierung nimmt zu: Werbung wird personalisierter, subtiler und interessenbezogener sein und stört deshalb nicht beim Hören, sondern bietet dem User im Idealfall einen konkreten Mehrwert. Auch weiterhin wird dem Konsumenten die Wahl gelassen, ob er die freie Version mit Werbung oder die kostenpflichtige Premiumversion ohne Werbung nutzen will.
  4. Bewusst abschalten: Auch ein bewusstes Abschalten und Aussteigen aus der Musikaktivierung spielt zukünftig eine Rolle. Auf der Silent Island suchen und finden die Hörer Ruhe und Entspannung.“
heute
zukünftig

Die Audionutzung von heute und zukünftig im Vergleich. Bewegen Sie den Schieberegler, um die Veränderungen zu sehen. Grafiken: Radiozentrale

Was bedeuten diese Ergebnisse für die Radiolandschaft und was müssen Radiosender in Zukunft vielleicht berücksichtigen?

Lutz Kuckuck: „Zwei Dinge werden ganz deutlich bei den Ergebnissen dieser Studie: Die Konsumenten lieben Audio, lieben Musik und die Services des klassischen Radios. Dies wird auch zukünftig wichtig sein und wahrscheinlich mehr denn je genutzt werden. Was sich aber ändern wird, das ist der Weg wie die Musik und die Radioinhalte bei den Hörern ankommen und wie sie genutzt werden. Auf die Verkehrsnachrichten warten nach den Nachrichten ist Vergangenheit. Die Informationen müssen jetzt zur individuellen Nutzungsrelevanz der User bereit stehen. Darauf reagieren wir, daran arbeitet die Radioindustrie. Ebenso an immer mehr Audio on demand-Inhalten. Die Inhalte sind weiterhin die bekannten Features von Radio. Nur der Empfang wird sich stark verändern.“

Vielen Dank für das interessante Interview!

Bei der Audionutzung ändert sich also nicht unbedingt der Inhalt, sondern mehr der Vertriebsweg der Angebote klassischer Radiosender. Wer sich dessen aber bewusst ist und sich gut darauf vorbereitet, der muss sich bezüglich der Veränderungen also auch nicht sorgen.

Wo auf der entworfenen Landkarte “von morgen” sehen Sie sich selbst? Ich besitze definitiv auch jetzt schon ein Ferienhaus auf Podcast Island und bin oft in Webrapolis unterwegs. Teilen Sie uns Ihre Meinung in unseren Kommentaren mit.