Ein Aktenkoffer aus dem Geld herausquillt.

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Budget und Ressourcen. Diese zwei grundlegenden Bestandteile jeder Strategie sind immer Gegenstand vieler Diskussionen unter den einzelnen Fachbereichen.

In Teil 6 unserer Reihe “Strategisches Marketing im Mittelstand” stellen wir heute die Ressourcen- und Kapazitätenplanung in den Mittelpunkt und fragen uns wie man am besten mit dem vorhandenen Budget und den Ressourcen umgeht.



Traditionelle Budgetierung ist manchmal innovationsfeindlich

Traditionelle Budgetierung hat zwei unterschiedliche Funktionen: Zum einen sollen strategische Zielvorgaben prognostiziert und zum anderen deren Kosten festgelegt werden.

Die Prognose zukünftiger Umsätze und Kosten erleichtert mithilfe einer realistischen Finanzplanung das Finanzmanagement. Damit wird das Management zur Umsetzung geplanter Ziele verpflichtet – und zwar entweder in Hinsicht auf ambitionierte Umsatzziele oder in Hinsicht auf beträchtliche Einsparungen.

Haben Sie es bemerkt? In dieser Kopplung der beiden Budgetfunktionen verbirgt sich ein strategisches Problem.

Denn während Umsatz- und Kostenprognosen realistisch sein sollten, sollten Zielvorgaben herausfordernd sein und vielleicht sogar über das Ziel hinausschießen.

Es ist gar nicht verwunderlich, dass sich deshalb immer wieder erhebliche Probleme bei der Finanzberichterstattung ergeben.

Die Nachteile der klassischen Budgetierung bestehen zuerst in der Zeit- und Kostenintensität der Budgeterstellung. Es verleitet das Management dazu, möglichst niedrige Einnahmen- und Ertragsprognosen anzugeben.

Hat man zudem eine große Anzahl an Konkurrenten im eigenen Wettbewerbsfeld, dann ist die Halbwertszeit einer solchen Budgeterstellung äußerst gering und man muss bald eine neue erstellen.

Insgesamt ist das alles also schrecklich unflexibel und behindert die zentrale strategische Idee. So werden die Innovationen, die man zuvor strategisch geplant hat, oftmals verhindert.

Integrierte Finanzmanagementsysteme

Es stehen sich also zwei absolut gegensätzliche Pole gegenüber: Die Budgetierung und die Innovation! Beide sollte man aber in der Unternehmensstrategie unterbringen. Wie machen das denn andere?

Nordeuropäische Unternehmen wie zum Beispiel die Svenska Handelsbanken oder der Kunststoffhersteller Borealis aus Kopenhagen haben als Anhänger der Beyond-Budgeting-Bewegung die klassische Budgetierung durch integrierte Finanzmanagementsysteme ersetzt.

Diese Systeme zeichnen sich durch einen höheren Grad an Flexibilität aus und die zeitraubende Budgeterstellung fällt weg. Außerdem entscheiden hier die durchführenden Geschäftseinheiten selbst über Innovationsprojekte mittlerer Kostenhöhe.

Das integrierte System: Von der rollierenden Finanzprognose zum Verkaufsplan

Und wie funktioniert das im Einzelnen? m ersten Schritt werden mithilfe rollierender oder gleitender Finanzprognosen (»Rolling forcasts«) Umsatzpläne erstellt.

Die rollierenden Finanzprognosen beziehen sich üblicherweise auf die kommenden fünf Quartale, wobei jedes Quartal immer neu aktualisiert wird. Diese Quartalsprognosen beziehen die Daten über Preisinformation, zu erwartendes Absatzvolumen, Fixkosten, Abschreibungen oder auch den Wechselkurs und Inflationsraten mit ein.

Daraus abgeleitet werden dann die Umsatzprognosen, die nur übergeordnete Umsatzgrößen und eventuell Bruttomargen ausweisen.

Es handelt sich bei den Umsatzprognosen daher um grobe Kalkulationen, die schneller erstellt und aktualisiert werden, sodass sie neue Informationen leichter erfassen können.

Und schließlich wandelt man die Umsatzprognosen in Verkaufspläne um.

Die zentrale Frage hierbei lautet, wie viele Transaktionen durchgeführt und Kunden gewonnen werden sollen. Hat man davon eine ungefähre Vorstellung, dann ist es nicht mehr schwer, die nötigen Ressourcen zu bestimmen, die man zur Durchführung prognostizierter Transaktionen oder zur Gewinnung von Kunden braucht.

Die Verkaufspläne sind also Ihre Anleitung, damit die Umsatzsteigerung reibungslos abläuft!

Das integrierte System im Detail oder die Prozesskostenrechnung

Der wesentlichste Unterschied zur klassischen Budgetierung besteht in der Nutzung von Prozesskostenrechnungen.

Damit misst man im Allgemeinen die Profitabilität von Produkten, Dienstleistungen oder Kunden. Sie können jedoch auch verwendet werden, um erforderliche Ressourcenkapazitäten zu prognostizieren. Wie sie das tun?

Ganz einfach eigentlich, denn die Gesamtkosten werden den einzelnen Geschäftsprozessen und deren Beanspruchung zugeordnet – und eben nicht, wie in der klassischen Budgetierung üblich, als Durchschnittswerte deklariert.

Daher ist es notwendig, die veränderlichen – also leistungsbezogenen – Kosten in besonderem Maß zu berücksichtigen. Das Ergebnis ist dann eine verbesserte Gemeinkostenverteilung.

Diese Kostenprognosen werden im zweiten Schritt benutzt, um die Aufwendungen der kommenden Quartale abzuschätzen. Darunter fallen zum Beispiel Rohstoffe, Personal oder materielle Ressourcen wie Büroräume oder Anlagentechnik, die aktuell benötigt wird, auch unter Betriebskosten (Opex) bekannt.

Es sind also allesamt Ausgaben, damit der operative Teil des Unternehmens läuft.

Demgegenüber werden die Prognosen auch verwendet, um das langfristige Investitionsbudget (Capex) zu planen. Das bezieht sich auf neue Personalkosten, Investitionen in neue Maschinen oder auf technische Ausrüstung.

Jetzt nähert sich der Budgetierungsprozess langsam dem Ende. Vor Abschluss werden noch die Kann-Ausgaben prognostiziert.

Und dann wird für die Produktions- und Vertriebsprozesse alles durchgespielt: Es bleibt eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung, die für jedes Produkt, jede Dienstleistung und jeden Kunden genaue Angaben liefert und zeigt, ob das Produkt rentabel ist.

Prozesskostenmeister: Die Billigfluglinien

Einige der Billigfluglinien sind wahre Meister im Prozesskostenmanagement.

Als entscheidende Finanzkennzahlen wählen sie das Umsatzwachstum und den Grad der Anlagennutzung. Weil eine möglichst kleine Flotte weniger Flugpersonal und weniger Ressourceneinsatz erfordert, werden die Anlagenprozesse der Billigfluglinien als Idealprozesse verstanden.

Das Prozesskostenmanagement bezieht sich jedoch auch auf die umliegenden Dienstleistungen: Die Senkung der Abfertigungszeit orientiert sich an der durchschnittlichen Zeit der Flugzeuge am Boden und an dem Anteil der Flugzeuge, die den Flugsteig pünktlich verlassen.

Aus Perspektive der Kunden ergibt sich ein Angebot, welches sich durch niedrigen Preis und durch Pünktlichkeit in An- und Abflug zusammensetzt.

Fazit

Bei der Budgetierung geht es vor allem um einen sinnvollen Einsatz der Ressourcen, die im Unternehmen auch Innovationen verstärkt zulassen.

Wenn man sich an den Ablauf hält, ist das alles nicht allzu schwierig: Zuerst werden präzise und flexiblen Prognosen erstellt (Stichwort: Rollierende Finanzprognosen), die wiederum Basis für die Verkaufspläne sind. Die Verkaufspläne gemeinsam mit den prozessbezogenen Kostenrechnungen – an Stelle von einzelkostenbezogenen Kostenrechnungen – werden dann zur Effizienzsteigerung der Gesamtabläufe eingesetzt.

Damit hat man eine Budgetierung in der Hand, die in die Unternehmensstrategie eingebaut wurde und deshalb den strategischen Zielen nicht mehr widerspricht.